Das Ertragswertverfahren nach §§ 27-34 ImmoWertV ist marktorientiert und teilt den Wert einer Immobilie in einen Gebäudewert und einen Bodenwert auf. Für den Gebäudewert wird ein Rentenbarwert und für den Bodenwert implizit eine ewige Rente verwendet. Der Kalkulationszins ist marktorientiert und nennt sich objektspezifischer Liegenschaftszins.
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Gemäß § 27 ImmoWertV gibt es für die Immobilienbewertung drei Varianten, das allgemeine, das vereinfachte und das periodische Ertragswertverfahren. Das Ertragswertverfahrens nach §§ 27-34 ImmoWertV ist marktorientiert und der Kalkulationszins nennt sich (objektspezifischer) Liegenschaftszins.
Die folgende Darstellung beziehen sich auf die Daten des Ausgangsszenarios des Ertragswertverfahrens für die Unternehmensbewertung und haben ausschließlich erklärenden Charakter mit dem Fokus auf der mathematischen Berechnung. Der Liegenschaftszins entspreche dem Kalkulationszins. Zuerst werden die drei Varianten vorgestellt und anschließend wird auf die Berechnung des Liegenschaftszins eingegangen. Am Ende wird ein Fazit gezogen.
Zuerst wird ein Jahresreinertrag (Jahresrohertrag weniger Bewirtschaftungskosten) berechnet (§ 31 ImmoWertV) . Auf das Beispiel bezogen handelt es sich um einen Jahresreinetrag von 12000 GE.
Der Bodenwert wird im Wesentlichen marktorientiert ermittelt (§§ 40 bis 43 ImmoWertV). Bei dem Bodenwert wird eine ewige Nutzung impliziert. Zur Abgrenzung zwischen Gebäude und Bodenwert können Sie sich vorstellen, dass beides seperat vermietet wird. Sagen wir, dass die Hälfte des Jahresreinetrags auf den Boden entfällt 12000*0.5 = 6000 GE. Es ergibt sich für die folgenden Erklärungen ein Bodenwert von 6000/0.05 = 120000 GE (ewige Rente).
Der Bodenwertverzinsungsbetrag steht für den Anteil des Jahresreinertrags, welcher theoretisch auf die „Vermietung“ des Bodens entfällt, wenn Gebäude und Boden separat vermietet würden. Bei einem Bodenwert von 120000 GE und einem objektspezifischen Liegenschaftszins vom 0.05 sind dies 12000*0.05 = 6000 GE.
Der sogenannte vorläufiger Ertragswert der baulichen Anlagen berechnet sich aus dem Jahresreinetrag weniger des Bodenwertverzinsungsbetrags, also 120000 – 6000 = 6000 GE.
Dieser Betrag wird über die Restnutzungsdauer des Gebäudes abgezinst und es ergibt sich ein Rentenbarwert. Dazu wird zuerst der Rentenbarwertfaktor (BWF) ausgerechnet und mit dem obigen Wert multipliziert. Die Formel dazu lautet BWF = ((i+1)^n-1)/((1+i)^n*i), wobei i für den Zins und n für die Jahre steht. Bei 50 Jahren Restnutzungsdauer und einem objektspezifischen Liegenschaftszins von 0.05 ergibt sich ein BWF von 18.26. Der kapitalisierte jährliche Reinertragsanteil der baulichen Anlagen beträgt 6000*18.26 = 109535.55 GE. In § 34 ImmoWertV ist die Formel etwas umgestellt.
Für den Ertragswert wird der kapitalisierte jährliche Reinertragsanteil der baulichen Anlagen von 109535.55 GE und der Bodenwert von 120000 GE addiert, sodass sich ein Ertragswert von 229535.55 GE ergibt.
Merke: Bei dem allgemeinen Ertragswertverfahren nach § 28 ImmoWertV wird der Jahresreinertrag um einen Bodenwertverzinsungsbetrag korrigiert und der vorläufiger Ertragswert der baulichen Anlagen wird mit dem objektspezifischen Liegenschaftszins zu einem Rentenbarwert abgezinst. Für den Ertragswert wird zu diesem der Bodenwert addiert.
Zuerst wird der Rentenbarwert des Jahresreinbetrags errechnet. (Es wird hierbei kein Bodenwertverzinsungsbetrag abgezogen.) Der Rentenbarwert des Jahresreinbetrags beträgt in unserem Beispiel 18.26*12000 = 219071.10 GE.
Hinzu kommt der Restwert des Bodens als ewige Rente am Ende der Restnutzungsdauer (6000/0.05)*(1+0.05)^(-50) = 10464.45 GE. Der erste Teil steht für die ewige Rente und der zweite Teil zinst die ewige Rente zu dem jetzigen Stichtag ab.
Zusammen ergibt dies 229535.55 GE.
Es handelt sich damit beim Ertragswertverfahren nach § 29 ImmoWertV nur um eine Umformung des allgemeinen Ertragswertverfahren nach § 28 ImmoWertV.
Merke: Für das vereinfachtes Ertragswertverfahren nach § 29 ImmoWertV wird der Rentenbarwert des Jahresreinbetrags zu dem Restwert des Bodens am Ende der Restnutzungsdauer des Gebäudes addiert.
Innerhalb des Betrachtungszeitraums, maximal 10 Jahre gemäß §30 Absatz 2 ImmoWertV, ist der periodische Jahresreinbetrag abzuzinsen. Anbei werden die Ausgangswerte erhalten um den Zusammenhang aufzuzeigen. (Es wird in § 30 ImmoWertV kein periodenspezifischer Liegenschaftszins erwähnt.) Der Betrachtungszeitraum wird aus Gründen der Übersichtlichkeit auf zwei Jahre festgelegt.
Jahr 1: 12000 * (1+0.05)^-1 = 11428.57 GE
Jahr 2: 12000 * (1+0.05)^-1 * (1+0.05)^-1 =10884.35 GE
Zwischen dem Betrachtungszeitraum und der Restnutzungsdauer der baulichen Anlage ist ein Rentenbarwert anzusetzen. Dieser ist wiederum auf den Stichtag abzuzinsen. Der Zeitraum beträgt 50-2 = 48 Jahre.
Jahr 3 bis Restnutzungsdauer: 12000 * ((0.05+1)^48-1)/((1+0.05)^48*0.05) * (1+0.05)^-1 * (1+0.05)^-1 = 196758.18 GE
Nach der Restnutzungsdauer ist der Restwert des Bodens zu berücksichtigen.
(6000/0.05) * (1+0.05)^(-50) = 10464.45 GE
Zusammen ergibt dies 229535.55 GE. Das Ergebnis stimmt, sofern es keine periodischen Unterschiede gibt, mit den obigen beiden Werten nach §§ 28 und 29 ImmoWertV überein.
Merke: Für das periodische Ertragswertverfahren nach ImmoWertV § 30 wird im Betrachtungszeitraum periodisch abgezinst. Zwischen Betrachtungszeitraum und Restnutzungsdauer wird ein Rentenbarwert errechnet, welcher auf den Stichtag abgezinst wird. Nach der Restnutzungsdauer ist der Restwert des Bodens zu berücksichtigen. Alle drei Teilwerte zusammen ergeben den Ertragswert.
Gemäß § 33 ImmoWertV ist der objektspezifische angepasste Liegenschaftszinssatz nach § 21 Absatz 2 ImmoWertV unter Berücksichtigung von § 9 Absatz 1 Satz 1 ImmoWertV zu ermitteln und ggf. § 9 Absatz 1 Satz 2 und 3 ImmoWertV anzupassen.
Für die Berechnung des Liegenschaftszinssatzes (i) wird auf die Formel(n) des Ertragswertverfahrens zurückgegriffen und diese wird nach i umgestellt. Dabei wird auf Marktdaten zurückgegriffen. n steht für die Restnutzungsdauer. Die Formel für den Liegenschaftszinssatz sei folgend dargestellt.
i = Reinertrag/(Kaufpreis +- Anpassung) – ((1+i)^n*i)/((i+1)^n-1)*(1+i)^-n * (Kaufpreis – Bodenwert +- Anpassung)/(Kaufpreis +- Anpassung)
Hat eine marktübliche Immobilie einen Wert von 229535.55 GE, einen Bodenwert von 120000 GE, einen Reinertrag von 12000 GE, eine Restnutzungsdauer
von 50 Jahren und eine objektspezifische Anpassung von 0, ergibt sich für unser Beispiel folgende Berechnung.
i = 12000/( 229535.55 – 0) – ((1+i)^50*i)/((i+1)^50-1)*(1+i)^-50 * ( 229535.55 – 120000 – 0)/( 229535.55 – 0)
Die Ermittlung von i erfolgt iterativ. Wird 0.06 für i eingesetzt ergibt sich 0.05064 und wird 0.06 für i eingesetzt ergibt sich 0.04915. Wenn für i 0.05 eingesetzt wird, ergibt sich 0.05.
Der Liegenschaftszinssatz impliziert sämtliche Markterwartung wie z.B. das zukünftige Zinsniveau, Preissteigerungen und Wertsteigerungen. In unserem Beispiel ist das Zinsniveau gleichbleibend (flache Zinskurve) und die Preise und Werte sind konstant.
Greifen wir auf das Beispiel vom originären Ertragswertverfahren mit Steuern und Wachstum zurück. Möge die marktübliche Immobilie einen Wert von 480000 GE, einen Bodenwert von 240000 GE (Hälfte des Immobilienwerts), einen Reinertrag von 12000 GE (sic!), eine Restnutzungsdauer von 50 Jahren und eine objektspezifische Anpassung von 0 haben. (Der Reinertrag wird nicht um Ertragssteuern korrigiert.)
i = 12000/(480000 – 0) – ((1+i)^50*i)/((i+1)^50-1)*(1+i)^-50 * (480000 – 240000 – 0)/(480000 – 0)
Der Liegenschaftszins liegt ungefähr bei 0.0189 und umfasst sämtliche Faktoren von oben implizit.
Bei dem Ertragswertverfahren nach §§ 27-34 ImmoWertV wird ein typisierter Ertragswert (Immobilienwert) marktorientiert ermittelt und mag im rechtlichen vorgesehenen Anwendungsbereich seine Berechtigung haben.
Für Investitionen ist es eher ungeeignet, da nicht der persönliche netto Grenzzins verwendet wird. Im Fall von Mieteinnahmen wird zudem Ihr persönlicher Steuersatz nicht berücksichtigt. Läge der Differenzsteuersatz bei 30%, wäre der netto Geldfluss != Jahresreinertrag und nur bei 8400 GE. Ein Großteil von Informationen wie z.B. die Zinskurve, Preissteigerungen, Wertsteigerungen und mögliche Steuern werden in dem Liegenschaftszinssatz impliziert. Es handelt sich somit bei dem Liegenschaftszinssatz um eine „Blackbox“.
Für Investitionen ist es besser auf das originäre Ertragswertverfahren zurückzugreifen. Der persönliche netto Grenzzins, Steuern, Wachstum und Risiko werden berücksichtigt. Im Gegensatz zum Ertragswertverfahren nach §§ 27-34 ImmoWertV werden die Chancen und Risiken beim originären Ertragswertverfahren sichtbar(er). Die Modellierung ist theoretisch sauber und vorzuziehen. Die Berechnung ist auch nicht wesentlich komplizierter. Auch die funktionale Unternehmensbewertung eignet sich hervorragend zur Modellierung und erlaubt wesentlich mehr Feinheiten.
Wichtig! Es ist unwahrscheinlich, dass der Ertragswert gemäß des Ertragswertverfahrens nach §§ 27-34 ImmoWertV und dem des originären Ertragswertverfahrens deckungsgleich sind.
Erklärungen zu dem Immobilienwert bei den Fällen vermieten vs. verkaufen und mieten vs. kaufen finden Sie auf der verlinkten Seite.
Die Ausführungen sind verkürzt und stellen die Mathematik in den Fokus. Rechtlich gilt die Darstellung des Gesetzes (ImmoWertV), welche durchaus gut geschrieben ist.
Allgemeine Informationen zu den Berechnungen des Immobilienwerts mit dem Vergleichswertverfahrens, dem Ertragswertverfahren und dem Sachwertverfahren finden Sie unter dem Link.